Predigten im Alltag – Laien auf der Kanzel
06.03.2014
In der Pfarreiengemeinschaft St. Emmeram Windischeschenbach und Heilig-Geist Neuhaus erwartet die Gläubigen in diesem Jahr während der Fastenzeit etwas völlig Neues: „Predigten im Alltag“ – Predigten von Gläubigen für Gläubige könnte man das Vorhaben auch nennen. Als thematische Grundlage dient das Jahresmotto „Auf den Spuren Gottes durchs Neue Testament“. Die Prediger haben sich die Themen, über die sie sprechen werden, selbst ausgesucht. Stadtpfarrer Markus Schmid sieht die Aktion als weitere Möglichkeit, auf den Spuren Gottes zu wandeln. „Das wird spannend“, betont der Seelsorger. „Es ist uns gelungen, Menschen mit unterschiedlichsten Lebensumständen dafür zu gewinnen, über ihren Glauben zu sprechen“. Zu hören sind die Predigten jeweils Donnerstags um 19 Uhr in der Pfarrkirche St. Emmeram.
Sozialdienstleiterin Maria Sonnberger eröffnet die Reihe der Laienpredigen
Kraft trotz Schicksalsschlägen
06.03.2014
Kein Pfarrer oder religiöser Würdenträger steht in der Fastenzeit in den Gottesdiensten am Donnerstagabend vor den Gläubigen in der Pfarrkirche St. Emmeram. Sechsmal werden Laien in dieser Predigtreihe zu den Besuchern sprechen – über ihre Glaubenserfahrungen, Begegnungen mit Gott, Hoffnungen, persönliche Lebenssituation.
Bei den Predigern handelt es sich um Menschen, deren „Promi“-Status in der Stadt nicht unbedingt auf eine Funktion innerhalb der Kirche zurückzuführen ist. Den Anfang machte Maria Sonnberger, Sozialdienstleiterin im AWO-Seniorenheim. „Gut und gerecht ist der Herr“ (Ps 25,8) hatte sie sich als Bibelzitat ausgesucht, wobei der Spruch sowohl mit einem Frage- als auch mit einem Ausrufezeichen versehen war.
„Warum lässt Gott Leid zu?“ Dies sei eine Frage, die sich jeder wohl schon einmal gestellt habe. Sonnberger schilderte wie ihr kleiner Bruder im Alter von 8 Monaten kurz vor Weihnachten gestorben war. Trotz Trauer hätten die Eltern für die Familie den Christbaum geschmückt. Somit stelle sich gleichzeitig die Frage, woher sie die Kraft genommen haben, in dieser Weise für die anderen Kinder da zu sein.
Einen zweiten Bruder verlor die Predigerin 1980 durch einen Motorradunfall. Wieder tauchen Fragen auf: Wie viel Leid kann man ertragen? Oder warum müssen Kinder sterben? Eine schlüssige Antwort darauf gebe es nicht, man könne sich nur vergegenwärtigen, dass auch Jesus als Mensch Verzweiflung, Angst und Verachtung erlebt habe. Auch komme man manchmal erst im Nachhinein zur Erkenntnis, dass einer Familie vielleicht viel Leid erspart geblieben sei, wenn ein todkranker Angehöriger sterben könne.
Sonnberger ist durch die Pflege ihre Schwiegereltern zu ihrem Beruf gekommen: zunächst als Schwesternhelferin, dann als examinierte Altenpflegerin und nach einer Zusatzausbildung als Geronto-Fachkraft. Man wisse zwar, dass Sterben zum Leben gehört, stoße aber körperlich und psychisch Grenzen, wenn liebgewonnene Bewohner des Heimes sterben oder man Ablehnung erfahre, obwohl man das Beste für den Menschen wolle.
Ein weiterer Schicksalsschlag traf die Familie mit der Erkrankung des Enkelkindes. Aus eher harmlos scheinenden Herpes-Bläschen entwickelte sich die Katastrophe. Die statistische Wahrscheinlichkeit steht eine Million zu 4, trotzdem ist der Bub seitdem schwerstbehindert. Entgegen der Diagnose habe die Familie nicht aufgegeben und es wider Voraussagen geschafft, dass das Kind sitzen und lachen kann. Der Kleine sei der Sonnenschein der Familie.
Das Enkelkind, das sie regelmäßig hüte, um die Eltern zu entlasten, habe gezeigt, was letztendlich wichtig sei im Leben. Eine Antwort auf die Frage „Warum?“ sei nicht möglich, vielleicht habe Gott das Kind in die Familie gegeben, weil es dort gut aufgehoben ist. Die Kraft, mit Situationen wie dieser fertig zu werden und sie anzunehmen, müsse auf jeden Fall von ihm kommen.
Die sehr persönlichen Ausführungen der 50-Jährigen berührten die Zuhörer, die nach der Predigt eine Zeitlang innehielten und dann mit langanhaltendem Applaus für ihre Offenheit dankten.
Laienprediger Dominik Neitz macht sich Gedanken zu Paulus-Brief an die Korinther
„Liebe weist uns den Weg“
13.03.2014
In der Reihe „Predigten im Alltag“ stand am Donnerstag ein weiterer Bekannter aus Windischeschenbach vor den Gläubigen in der Pfarrkirche St. Emmeram. Dominik Neitz, Hofmarschall der Narrhalla und Besitzer der Eisdiele sprach über „Glaube, Hoffnung, Liebe“ (1 Kor 13,13).
Neitz erinnerte an das Paulus-Musical, das vor einigen Jahren in der Pfarrei aufgeführt wurde und bei dem er mitgespielt hatte. „Am Ende stand das Hohe Lied der Liebe. Dort fasst Paulus die Gedanken in diesen drei Worten zusammen“, sagte der Prediger.
Neitz erklärte die Begriffe dann genauer: „Der Glaube thematisiert das Verhältnis des Menschen zu Gott, das christliche Zeichen des Kreuzes ist Symbol des Glaubens. Die Hoffnung zielt zum einen auf das irdische Leben, zum anderen auch über die Grenzen des Lebens hinaus auf die Auferstehung. Mit der Liebe schließlich verbindet jeder Mensch eigene Erfahrungen“, sagte Neitz.
Die klassische Philosophie unterscheide in Agape (Gottesliebe), Eros (geschlechtliche Liebe) und Philia (liebevolle Freundschaft). Jesus habe noch die Feindesliebe hinzugefügt. Während die Reihenfolge Glaube, Liebe, Hoffnung gebräuchlich sei, beschreibe es Paulus als Glaube, Hoffnung, Liebe und bezeichnet letztere auch als „die größte unter ihnen“, wobei aber alle drei untrennbar miteinander verbunden sind. Im Brief an die Korinther beschreibt Paulus die Eigenschaften der Liebe: So sei sie langmütig, vertrage, vergebe und erdulde alles, so wie die Liebe Gottes. Wenn dieser vollkommene Zustand herrsche, könne man das mit der Vorstellung vom Paradies verbinden.
Neitz ging näher auf die Bedeutung der Liebe im 1. Korintherbrief ein: „Jeder in der dortigen Gemeinde als auch in unserem Leben und Umfeld, hat bestimmte Begabungen und Talente, von denen er weiß und die er anwendet.“ Durch diese zeichne er sich aus, profiliere und definiere sich und halte sich deshalb für wichtig.
Paulus sehe das gewissermaßen von der anderen Warte: Nicht das, was die Menschen unterscheidet, ist wichtig, sondern das, was jeder kann. „Denn Liebe kann jeder“, sagte der Prediger. Das sei ihr Alleinstellungsmerkmal. Liebe achte nicht auf unterschiedliche Begabungen und Eigenheiten. Sie sehe über alles hinweg, betone nicht die Unterschiede, sondern konzentriere sich auf das, was verbinde. Individuelle Begabungen zum Wohle anderer einzusetzen, gehe ah ohne Liebe.
„Doch ist es dann nichts wert“, folgerte Neitz und zitierte aus der Bibelstelle die Eigenschaften der Liebe: „Sie sei langmütig und freundlich. Die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen. Sie bläht sich nicht auf, sie freut sich nicht über Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.“ (1 Kor 13,4-7). Das, was jeder einzelne tue, sei immer nur eine Funktion von dem, was Liebe könne und bewirke.
„In Jesus hat Gott seine abgrundtiefe Liebe zu uns wahr gemacht“, fasste der Sprecher zusammen. „Wenn wir uns von Gott lieben lassen, dann wird das Hohe Lied der Liebe uns einen Weg weisen“, war das Fazit der Predigt. „Es ist der Weg einer vorbehaltlosen, zweckfreien Liebe.“
Anhaltender Applaus dankte dem 43-Jährigen für sein Glaubenszeugnis. Mit der Predigt im Alltag ist einmal mehr deutlich geworden, dass die Christenheit ein buntes Volk ist, und dass sich Frohsinn, Fasching, Sommerfeeling in der Eisdiele und gelebter Glauben sich nicht ausschließen, sondern eher bedingen.
Predigten im Alltag: Hannelore Haberzett gibt Gläubigen Barmherzigkeit mit auf den Weg
Mit Bibelspruch durchs Leben
20.03.2014
Hannelore Haberzett, die Leiterin des Kinderheimes St. Elisabeth, hatte ihre Gedanken und Worte unter das Bibelwort „Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer“ (Mt 9,13) gestellt. Sie war die dritte Laienpredigerin, die in der Pfarrkirche St. Emmeram sprach.
Sie berichtete von ihrer Schulzeit an der Klosterschule der Zisterzienserinnen in Waldsassen. Als sie 14 Jahre alt war, durfte sie am Ende einer mit nur mäßigem Interesse besuchten Exerzitien-Pflichtveranstaltung ein Kärtchen mit einem Bibelzitat ziehen. „Der Spruch hat mich mein Leben lang begleitet: Durch dich soll gebaut werden, was lange wüst gelegen war.“
Zum einen verstand sie ihn als Versprechen, dass Gott auch in schwierigen Zeiten an ihrer Seite bleiben würde, zum anderen als Hinweis auf die Herausforderungen im Laufe des Lebens. Die Stelle ist im Buch Jesaja zu finden. Gott stellt dort eine Priorität des Handelns auf: eine Zuwendung zum Nächsten sei wichtiger, als sich nur an Regeln und Vorschriften zu halten. „Gott ist an meiner Seite, wenn ich mich barmherzig erweise“, folgerte Haberzett,
Die gleiche Botschaft berge das Evangelium nach Matthäus. In Kapitel 9 finden sich etliche Beispiele, wie Jesus den Menschen Barmherzigkeit erweist und sie heilt, sei es der Gelähmte, der Blinde oder der Stumme. „Auch von uns erwartet er Barmherzigkeit, nicht Opfer. Doch Barmherzigkeit darf nicht mit Mitleid gleichgesetzt werden, vielmehr ist soziale Gerechtigkeit und zwischenmenschliche Begegnung mit offenem Herzen gemeint.“
Eingehend auf ihre jahrzehntelange berufliche Tätigkeit, aktuell seit zehn Jahren im Haus St. Elisabeth, sei da nicht in erster Linie Barmherzigkeit gefordert, sondern für Menschen in Not- und Krisensituationen müssten Lösungen gefunden werden. Barmherzigkeit werde aber gefordert, wenn in Beruf oder Privatleben ein offenes Herz notwendig sei im Umgang mit Kindern, Mitarbeitern oder der Familie.
Die 48-Jährige erzählte von einem Urlaub als junge Frau. Mit Freunden war sie in Griechenland unterwegs auf der Suche nach einem Campingplatz. Ein alter griechischer Bauer stellte sein Privatgelände zur Verfügung, bot Tomaten vom Feld und Wasser aus seinem Brunnen an. In Gesprächen stellte sich heraus, dass er im Zweiten Weltkrieg von Deutschen misshandelt worden war und trotzdem ein offenes Herz für die jungen Leute hatte. Für die Heimleiterin war dieser Mann das Beispiel eines barmherzigen Menschen. Sie zitierte Papst Franziskus: „Barmherzigkeit verändert die Welt, macht sie weniger kühl und gerechter.“
Barmherzigkeit sei, nicht den Stab über einen Menschen zu brechen. Die Werke der Barmherzigkeit sind nicht nur Hungrige zu speisen und Durstigen zu trinken zu geben, sondern auch mit Rat und Tat zur Seite stehen, Trost spenden und auf Ungerechtigkeit und Missstände hinweisen und eingehen. In der Bergpredigt hatte Haberzett den Ausspruch gefunden: „Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.“
Persönlich finde sie in Situationen, in denen sie sich über eigene Fehler ärgere, oft Gelassenheit beim Besuch der Hauskapelle. „In solchen Momenten kann man etwas von Gottes Barmherzigkeit spüren.“ Die zahlreichen Besucher dankten mit Beifall und persönlichen Worten am Ende des Gottesdienstes dafür, dass Haberzett ihre Gedanken und Erkenntnisse mit ihnen geteilt hatte.
Norbert Neugirg: „Leben nicht mit Sorgen zumüllen“ – Predigt als Ratgeber für den Alltag
Als schüchterner Bub auf die Bühne
27.03.2014
Seine Altneihauser-Feierwehr-Montur hatte er zu Hause gelassen und das Thema – eine Bibelstelle – war auch eher ungewöhnlich für ihn. Doch Norbert Neugirg wäre nicht der, der er ist, wenn er nicht auch ein seriöses Thema mit Humor und Schalk zu behandeln wüsste. Bei den „Predigten im Alltag“ hatte er sich die Schriftstelle „Macht euch keine Sorgen“ (Mt 6,31) ausgesucht.
Matthäus schreibt dort, dass Sorgen unnötig sind, denn jeder Tag sorgt für sich selber. Neugirg erinnerte sich, als der Stadtpfarrer ihn wegen der Predigt ansprach. „Ich habe mir zuerst Sorgen und dann Gedanken gemacht“, sagte er. „Denn Gedanken bringen weiter als Sorgen.“ Eine Predigt zu halten, sei auch für ihn nichts Alltägliches, aber neue Aufgaben bringen neue Erfahrungen. „Auch wenn man zuerst etwas Bammel hat.“
Als freischaffender Unterhaltungskünstler, Gaukler oder „Bühnenfuzzi“ wolle er seine Sicht der Dinge beim Umgang mit Sorgen schildern. „Vielleicht hilft Ihnen, was ich erzähle“, meinte Neugirg. „Vielleicht sagen Sie: der spinnt. Und vielleicht haben Sie recht.“ Täglich mache auch er sich Gedanken: „Hat es einen Sinn, was ich mache? Bleibe ich gesund? Geht es der Familie gut? Wie lange fällt mir noch was ein?“
Sorgen müsse man sich bei der Zeitungslektüre machen: Umweltzerstörung, Katastrophen oder die Frage nach dem Dasein. Sorgen entstehen in den Köpfen der Menschen, da sie die Fähigkeit haben, in die Zukunft zu denken. Sorgen seien der Preis für Intelligenz und Kreativität. Keine Sorgen seien aber auch kein Freibrief für Faulenzer, „Gott gibt jedem Vogel Nahrung, aber er wirft sie ihm nicht ins Nest“, erklärte der Künstler. Auch in seinem Leben seien viele Sorgen aufgetaucht, viele davon unnütz und im Nachhinein sinnlos.
Als „einer aus dem vergangenen Jahrtausend“ wurde Neugirg, wie er erzählte, als ältestes von fünf Kindern, als 301. Einwohner des Dorfes Wurz geboren. „Als Säugling angstfrei“ lernte er im Laufe des Lebens, sich Sorgen zu machen, auch darüber, was die Leute von einem denken. Aber er habe auch beten gelernt, oftmals um etwas gebetet und sich heftig beschwert, wenn seine Gebete nicht erhört wurden, was sich im Nachhinein aber manchmal auch als besser herausstellte.
Große Sorgen habe ihm in seiner Kinderzeit der „Prager Frühling“ gemacht. Als sein Vater im August 1968 nach Hause kam und erzählte, dass an der tschechischen Grenze russische Soldaten patrouillierten, sei seine Mutter völlig aufgelöst gewesen, und er selber habe noch jahrelang darauf gewartet, „dass der Russe kommt“ – eine unnötige Sorge, wie die Entwicklung zeigte. Eine Blinddarmentzündung habe ebenfalls Sorgen bereitet – in diesem Fall zu Recht, der Bauch sei wie befürchtet aufgeschnitten worden.
Die Schulzeit am Gymnasium lief eher mittelmäßig. „Hier wäre etwas mehr Sorge vielleicht angebracht gewesen“, räumte der 53-Jährige ein. In seiner Jugendzeit war Neugirg schüchtern, hatte eine Sozialphobie, und vor Menschen zu sprechen, war der Horror für ihn. Kaum zu glauben, wenn man ihn heute bei seinen Auftritten sieht und hört. Über seine Mitgliedschaft bei den „Neuhauser Boum“ habe die Bühne für sich entdeckt.
Durch diese „Therapie“ gewann er Selbstsicherheit, überwand seine Hemmungen und konnte dies auch abseits der Bühne nutzen und leben. Auch seine Frau sei auf ihn auf der Bühne aufmerksam geworden. „Wer hat das alles so gemacht?“, war seine Frage. „Ich selber? Mein Unterbewusstsein? Gott?“ Reduzieren müsse man das „sich Sorgen machen“, es ersetzen durch „sich Gedanken machen“.
Der Kommandant der Altneuhauser Feierwehr plädierte dafür, eine gesunde „Wurstigkeit“ zu entwickeln. In Stresssituationen wie vor dem Live-Auftritt in Veitshöchheim helfe es ihm, sich selber zu sagen: „Es ist nicht wichtig.“ Man müsse die gegenwärtige Sorge in Relation sehen. Die Welt verändere sich dadurch nicht. Beim Fernsehen sei die Einstellung hilfreich: „Mir ist wurscht, wer da zuschaut.“ Das mache die eigene Person authentisch. „Es muss etwas kaputt gehen, damit etwas Neues entstehen kann“, vermittelte der Prediger und ermunterte die Zuhörer, Impulse aufzunehmen und das Leben nicht mit Sorgen zuzumüllen.
„Machen wir uns keine Sorgen, machen wir uns Gedanken“, lautete das Fazit seiner Predigt. Sollte der Stadtpfarrer bereuen, ihn eingeladen zu haben, meinte Neugirg augenzwinkernd und in Anspielung auf die aktuelle Situation, dann könne er ja immer noch die Pfarrei wechseln. Anhaltender Applaus dankte dem Künstler, der gewohnt souverän, witzig und humorvoll, tiefgreifend und ernst, kurzweilig und persönlich sehr offen seine Qualitäten auch als Prediger erfolgreich unter Beweis gestellt hatte.
Oberministrant und Philosophiestudent Moritz Müller teilt seine Gedanken mit den Gläubigen
Respekt vor Freiheit des Anderen
03.04.2014
Gläubige aus unterschiedlichen Lebenssituationen haben sich in den vergangenen Wochen als Prediger im Alltag versucht. Als Jüngster stand nun Moritz Müller am Ambo. Der 19-Jährige ist Oberministrant in St. Emmeram und Student der Philosophie. „Bist du denn nicht der Messias?“ (Lk 23,39b) war sein Thema.
Diese Frage wird Jesus von einem der Verbrecher gestellt, die neben ihm am Kreuz hängen. Müller erzählte, wie er sich im vergangenen Sommer bei seinem Aufenthalt in Taizé, den er zum ersten Mal schweigend verbrachte, ausführlich mit dieser Bibelstelle beschäftigt hatte. Von den zwei Menschen, die an Jesu Seite am Kreuz hängen, und für die er sein Leben hingibt, wird er von einem verspottet. „Ablehnung und Abweisung – dieses verletzende und deprimierende Gefühl kennen auch wir aus unserem Leben.“ Jeder habe es schon mal erlebt. „Man meint es gut und wird ignoriert.“
Das gehe Eltern so, Lehrern, und auch einem Oberministranten. Man setze sich ein, rede sich den Mund fusselig, werde aber nicht ernst genommen. „Was heißt das für mich? Wie gehe ich jetzt mit demjenigen um?“, fragte sich Müller und brachte Beispiele aus seinem Umfeld: ein Jugendlicher, der sein Potenzial nicht nutzt und sich nicht helfen lässt oder ein Freund, der gut gemeinten Rat nicht annimmt und die Freundschaft auf eine Zerreißprobe stellt. „Man will das Beste und wird abgewiesen.“
Dafür gebe es keine Patentlösung, aber man könne sich Orientierung holen, wenn man auf Jesus schaue. Jesus lässt den Verbrecher in Ruhe, versteht die Ablehnung und lässt sie zu. Man habe nicht zwingend Recht, weil man es gut meine, war die Erkenntnis des Studenten: „Wir haben alle die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen“. Jeder Mensch habe Selbstbestimmung; solange Entscheidungen nur einen selber betreffen, könne und müsse man für sich selber entscheiden.
Dies müsse auch von Anderen akzeptiert werden. „Auch Gott lässt den Menschen die Entscheidung für oder gegen ihn“, führte der Prediger aus. Jesus habe sich um denjenigen der beiden Verbrecher gekümmert, der seine Hilfe wollte und akzeptierte. Müller appellierte an die Zuhörer, nicht dort zu verharren, wo Unterstützung und Beistand nicht angenommen werden, sondern sich in Situationen und für Menschen einzusetzen, die Hilfe brauchen und wollen.
Das Fazit des Oberministranten: „Halten wir es wie Jesus. Respektieren wir die Freiheit des Anderen. Das ist unsere Pflicht, auch wenn es weh tut. Wer frei ist, kann sich immer noch dafür entscheiden.“ Die vielen Gottesdienstbesucher an diesem und allen anderen Donnerstagen zeigten, dass die Gläubigen die Laienpredigten schätzen und würdigen.
Auch Müllers Predigt kam ausgezeichnet beim Publikum an, wie der kräftige Beifall bewies. Er präsentierte seine Erkenntnisse nicht als „schwere Kost“, sondern für jeden verständlich und nachvollziehbar – so eben, wie ein Philosoph und gleichzeitig bodenständiger Oberministrant die Sache sieht.
Christian Trummer macht die Freude zum Inhalt seiner Predigt
Vom Mischpult zum Ambo
10.04.2014
Dass Freude und Fröhlichkeit für einen Christen unabdingbar sind, war die Botschaft von Christian Trummer, mit dem die Reihe „Predigten im Alltag“ zu Ende ging. Der 36-Jährige, auch als DJ Karagiosis bekannt, hatte sich die Stelle aus dem Philipper-Brief ausgesucht: „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit!“ (Phil 4,4).
Vor dem Hintergrund, dass der Apostel Paulus den Brief mit dieser Aufforderung aus dem Gefängnis schrieb, sei diese Aussage umso erstaunlicher, meinte Trummer. Er beleuchtete die Gelegenheit zur Freude im Alltag und stellte die Frage, inwieweit es möglich ist, sich zu freuen, wenn Kleinigkeiten und Banalitäten einem dies oft verderben. „Aber ohne Freude ist das Leben grau“, stellte der Prediger fest. „Freude am Leben ist wie das Salz in der Suppe.“
Trummer beschäftigte sich mit den Arten der Freude. Man könne sich zum einen über etwas freuen: ein schönes Essen, einen freundlichen Gruß oder darüber, dass man etwas geschafft hat, sei es der gemähte Rasen oder das Projekt am Arbeitsplatz. Sich mit jemandem freuen, sei dann möglich, wenn man Anteil nehme an dessen Leben. „Denn geteilte Freude ist doppelte Freude“, zitierte der DJ ein Sprichwort. Freuen kann man sich auch auf etwas – Feierabend, Urlaub, den gemütlichen Zoigl.
Die Schadenfreude sei in der Bibel sicher nicht gemeint und mache auch nicht glücklich. Freude sei der Weg zum Glück, denn „wer sich freut, ist glücklich“. Andererseits habe derjenige, der blind dem Glück nachhetze, oft keine Zeit mehr sich zu freuen. Stress und Druck sei die Ursache, dass man das „sich freuen“ auf einen späteren Zeitpunkt verschiebe.
Der 36-Jährige appellierte an die Zuhörer, die vielen Gründe zur Freude im Alltag zu erkennen, und sei es der Sonnenschein am Morgen. Neben der eigenen Freude könne jeder auch zur Freude des Anderen beitragen. Er legte den Anwesenden nahe, darüber nachzudenken, wie das eigene Verhalten den Mitmenschen Freude machen oder Freude verderben kann. Jeder trage in gewisser Weise Verantwortung dafür, wie es dem Anderen geht.
Der Prediger nannte Beispiele für Freude aus seinem Leben: für ihn sei der Nebenjob als DJ eine Quelle der Freude. Bei Geburtstagen, Hochzeiten oder Kinderfasching könne er zur Freude anderer beitragen. „Und diese Freude kommt dann genauso zu mir zurück.“ „Gefreut wie ein Schnitzel“ habe er sich auch über das Ehrenamt des Taufpaten, das er übernehmen durfte. Grund zur Freude seien auch Menschen im Umfeld, „die mich so nehmen, wie ich bin.“
Zum biblischen Aspekt kam Trummer nochmals auf die eher wenig freudige Gefängnis-Situation zurück, in der Paulus die Worte schrieb. Der Prediger appellierte an alle, als Christ trotz Schicksalsschlägen nicht das Vertrauen zu verlieren, sondern sich darauf zu verlassen, „dass Gott sich seinen Teil dabei denkt“ und dass auch wieder andere Zeiten kommen. Er forderte auf, sich bewusst zu machen, wie viel Gründe zur Freude es gibt und stellte fest: „An einem Lächeln auf den Lippen ist noch keiner gestorben. Drum freut euch im Herrn zu jeder Zeit.“
Stadtpfarrer Markus Schmid hatte zwar scherzhaft angekündigt, dass Ministranten nach der Messe an den Kirchentüren das Einhalten dieser Aufforderung überprüfen würden, jedoch nahmen bestimmt viele der Anwesenden die Botschaft gerne mit nach Hause. Der ungeteilte Beifall galt Trummer.
Der hervorragende Besuch der Donnerstagabend-Gottesdienste zeigte, dass die Laienprediger den Nerv der Zuhörer getroffen haben. Jeder von ihnen konnte überzeugend vermitteln, dass Glaube und Gottes Wort in seinem Leben eine wichtige Rolle spielten.