Es stand im Waldnaabtal-Anzeiger vom 10.11.1978

Es stand im Waldnaabtal-Anzeiger vom 10.11.1978 …

„Klerikale Klöppelei“ auf dem Kirchturm Windischeschenbach (cf)

Eine „ökumenische Klöppelei“ sorgte jüngst nicht nur in klerikalen Kreisen für Heiterkeit. Hoch am Turm feierten evangelische und katholische Kirche unter bronzener Glocke eine ungewöhnliche Wiedervereinigung.

Seit kurzem tönt die evangelische Christuskirche wieder mit vollem Geläut. Die Glockenklöppel erhielten neue Bronzeballen, und diese Klöppel führten Protestanten und Katholiken nach jahrhundertlanger Trennung wieder zusammen

Denn als der Mechaniker nach Windischeschenbach kam, um die Klöppel zunächst auszubauen und zur Werkstatt zu bringen, erspähte er gleich am Ortseingang die katholische Pfarrkirche. Er parkte seinen Wagen und betrat die Kirche, die tagsüber immer offen ist.

Wie es der Zufall wollte, war auch gerade der Mesner Josef Kistenpfennig anwesend. Der Mechaniker fragte den Mesner, ob das die evangelische Kirche sei, er solle hier nämlich die Klöppel ausbauen.

Der Kistenpfennig Sepp war so in seine Arbeit vertieft, dass er nicht richtig hinhörte, und verstand daher wohl nur etwas von „Klöppel ausbauen“ und dachte, das wird schon in Ordnung gehen. „Vielleicht hat der Herr Pfarrer vergessen, mir davon etwas zu sagen“.

Und so führte er den Mechaniker in den Turm hinaus. Der wackere Handwerker, stämmig gebaut wie ein Gewichtheber, erklomm die vielen Stufen. Er prüfte die Klöppel und stellte fest, dass sie tatsächlich reparaturbedürftig waren. Dass sie katholisch waren, konnte er auch als Fachmann nicht feststellen.

Kurzentschlossen machte er sich an die Arbeit. Vergebens hoffte er auf die beiden kräftigen Helfer, die ihm das evangelische Pfarramt versprochen hatte. Er hätte sie dringend gebraucht, denn ein Klöppel wiegt gut und gern einen Zentner. So ein schweres Ding zu halten und zugleich abzuschrauben, war ihm fast unmöglich.

Mit viel Schweiß und manchem Fluch schaffte er es doch, die drei Klöppel abzumontieren. Mühsam schleppte er sie auch noch die Turmstufen hinunter. Als er wieder zur Werkstatt zurückfahren wollte, erschien Pfarrer Franz Reich, der nicht wenig über den ungewöhnlichen Kirchenbesucher verwundert war, der so „mir nichts dir nichts“ unaufgefordert die Klöppel ausgebaut hatte.

Der Mechaniker erschrak nicht schlecht, als er merkte, dass er die falsche Kirche besucht und die falschen Klöppel ausgebaut hatte. Sollte er jetzt die schweren Klöppel die vielen Turmstufen hinaufschleppen und wieder einbauen?

Pfarrer Franz Reich überkam Mitleid mit dem schweißdurchnässten Mechaniker. Er besah die Klöppel und war der Meinung, dass sie tatsächlich eine Reparatur brauchen. So durfte der Mechaniker für seine Firma einen zusätzlichen Auftrag entgegennehmen und sich freuen, dass seine irrtümlichen Mühen nicht vergebens waren.

Seitdem schlagen die evangelischen und katholischen Glocken in Windischeschenbach wieder gemeinsam in hellem Klang, und wenn sie nicht eingerostet sind, schlagen sie heute noch

(Text gefunden und bereitgestellt von Bertwin Fleck, Kirchenpfleger)

 

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